Aggressiv statt "dominant": Rückabwicklung eines Vertrags über den Kauf eines schwierigen Pferds

Was gesagt wurde und was gemeint ist, ist im zwischenmenschlichen Miteinander oft ein Buch mit sieben Siegeln. So ging es vor dem Oberlandesgericht Braunschweig (OLG) auch um die Frage, wie weit sich die Bedeutung interpretieren lässt, ein angebotenes und schließlich verkauftes Pferd sei "etwas dominant", während ein ehemaliger Vorbesitzer "schwierig im Umgang" für die trefflichere Beschreibung hielt. Interpretationssache oder arglistige Täuschung?

Was gesagt wurde und was gemeint ist, ist im zwischenmenschlichen Miteinander oft ein Buch mit sieben Siegeln. So ging es vor dem Oberlandesgericht Braunschweig (OLG) auch um die Frage, wie weit sich die Bedeutung interpretieren lässt, ein angebotenes und schließlich verkauftes Pferd sei "etwas dominant", während ein ehemaliger Vorbesitzer "schwierig im Umgang" für die trefflichere Beschreibung hielt. Interpretationssache oder arglistige Täuschung?

Eine Frau hatte für etwas über 5.000 EUR die betreffende Stute gekauft. In dem Vertrag stand, dass das Pferd "etwas dominant" sei. Die Verkäuferin selbst hatte das Pferd erst einen Monat zuvor von dem Voreigentümer zu einem deutlich geringeren Preis gekauft - mit dem Hinweis, es sei "schwierig im Umgang". Nun musste die neue Besitzerin leider feststellen, dass das vermeintlich "etwas dominante" Pferd recht aggressive Verhaltensweisen zeigte. Es ließ sich nicht reiten, legte die Ohren an, lief mit gesenktem Kopf auf die Mitarbeiter zu und keilte aus. Daraufhin wurde der Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten. Schließlich klagte die Käuferin die Rückabwicklung des Vertrags ein.

Das OLG entschied nach Durchführung einer Beweisaufnahme, dass der Käuferin ein Anfechtungsrecht zustand. Die Verkäuferin hat ihr daher den Kaufpreis Zug um Zug gegen die Herausgabe des Pferds zu ersetzen. Daneben kann die Käuferin auch teilweise die Zahlung der Kosten für Unterstellung, Fütterung und notwendige Tierarztkosten für das Pferd verlangen. Denn die Verkäuferin hat Kenntnis vom aggressiven Verhalten des Pferdes gehabt. Daher hatte sie eine Aufklärungspflicht gegenüber der unwissenden Käuferin. Das aggressive Gebaren des Pferds ging eindeutig über ein als "etwas dominant" beschriebenes Verhalten hinaus.

Hinweis: Wer etwas verkauft, sollte Mängel nicht verschweigen. Das ist nicht nur unfair, sondern kann auch harte rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.


Quelle: OLG Braunschweig, Urt. v. 30.01.2025 - 8 U 215/22
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 05/2025)

Mindestanforderungen verfehlt: Energieberatungsfirma haftet für Schäden fachlich nicht zutreffender Beratung

Man muss nicht alles können oder wissen, sondern nur die richtigen Fachleute kennen. Wenn eine hinzugezogene Beratungsfirma dann jedoch falsch berät, guckt so mancher zu Recht dumm aus der Wäsche. Im Folgenden ging es um das brandheiße Thema der energetischen Sanierung, das als Beratungsfehlleistung vor dem Landgericht Berlin II (LG) landete.

Man muss nicht alles können oder wissen, sondern nur die richtigen Fachleute kennen. Wenn eine hinzugezogene Beratungsfirma dann jedoch falsch berät, guckt so mancher zu Recht dumm aus der Wäsche. Im Folgenden ging es um das brandheiße Thema der energetischen Sanierung, das als Beratungsfehlleistung vor dem Landgericht Berlin II (LG) landete.

Ein Mann hatte eine Firma für Energieberatung mit der energetischen Sanierung seines Einfamilienhauses beauftragt. Nach der erfolgten Beratung beantragte er Förderleistungen und erhielt einen entsprechenden Zuwendungsbescheid. Daraufhin holte er Angebote für die Sanierungsmaßnahmen ein und schickte sie der Energieberatungsfirma. Nachdem diese die Angebote auch nicht beanstandete, gab der Eigentümer für den Verwendungsnachweis der Fördermittel in Absprache mit eben jener Beratungsfirma verschiedene Wärmedurchgangskoeffizienten an. Das Bundesamt teilte ihm daraufhin mit, dass die technischen Mindestanforderungen bei der Sanierung nicht erreicht seien - es hob den Förderbescheid teilweise auf. Daraufhin verlangte der Eigentümer Schadensersatz von der Energieberatungsfirma und klagte.

Das LG hat die Energieberatungsfirma zur Zahlung von Schadensersatz von über 6.000 EUR wegen einer Falschberatung verurteilt. Aufgrund der Falschberatung hatte der Eigentümer Fenster und Dachfenster mit zu hohen Wärmedurchgangskoeffizienten einbauen lassen, die nicht förderfähig waren. Dieser Schaden war ihm zu ersetzen, da die Firma ihre Pflicht zur fachlich zutreffenden Beratung verletzt hatte.

Hinweis: Ein folgerichtiges Urteil. Beratungsfirmen sind gerade dafür da, sachunkundige Menschen zu beraten. Für Falschinformationen und daraus entstehende Schäden haften sie.


Quelle: LG Berlin II, Urt. v. 18.02.2025 - 30 O 197/23
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 05/2025)

Vertragsmäßige Verfügung: Folgen der Erbeinsetzung der Stieftochter nach Scheidung der Ehe

Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) hatte sich im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Erbeinsetzung, die im Vorfeld einer Eheschließung zugunsten der Stieftochter des Erblassers getroffen wurde, auch nach der Scheidung der Ehe noch Bestand hat.

Das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) hatte sich im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens mit der Frage zu beschäftigen, ob eine Erbeinsetzung, die im Vorfeld einer Eheschließung zugunsten der Stieftochter des Erblassers getroffen wurde, auch nach der Scheidung der Ehe noch Bestand hat.

Der im Jahr 2023 verstorbene Erblasser war geschieden und kinderlos. Im Jahr 1990 hatte er vor einer damals beabsichtigten Eheschließung mit seiner späteren Ehefrau einen notariellen Ehe- und Erbvertrag abgeschlossen und in diesem Vertrag die Tochter seiner zukünftigen Ehefrau zur Alleinerbin eingesetzt. Der Erblasser behielt sich in der Urkunde ein jederzeitiges Rücktrittsrecht vom Erbvertrag vor. Im Jahr 1995 wurde die Ehe geschieden - von seinem vertraglichen Rücktrittsrecht hat der Erblasser dennoch keinen Gebrauch gemacht. Die Stieftochter des Erblassers war nach dessen Tod daher auch der Ansicht, dass die Erbeinsetzung nach wie vor gültig sei, und trat einem Erbscheinsantrag einer gesetzlichen Erbin damit entgegen.

Nachdem das Nachlassgericht der Ansicht war, dass die Erbeinsetzung noch Gültigkeit habe, hob das OLG diese Entscheidung auf. Für das OLG war zunächst entscheidend, dass es sich bei der notariellen Vereinbarung um eine "vertragsmäßige Verfügung" gehandelt habe. Hieraus ergebe sich eine gegenseitige Bindung der Vertragsparteien. Für derartige vertragsgemäße Zuwendungen gelten dann in der Konsequenz aber auch die Vorschriften über die Unwirksamkeit von letztwilligen Verfügungen bei Auflösung der Ehe. Die Scheidung des Erblassers hatte daher zur Konsequenz, dass auch die Einsetzung der Stieftochter als Alleinerbin unwirksam geworden ist.

Hinweis: Eine Unwirksamkeit der Verfügung liegt nicht vor, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser sie auch im Fall der Unwirksamkeit getroffen hätte. Hierfür bedarf es aber konkreter Feststellungen zum Willen des Erblassers.
 
 


Quelle: Pfälzisches OLG Zweibrücken, Beschl. v. 10.03.2025 - 8 W 19/24
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 05/2025)

Bank winkt ab: Kein Schadensersatz bei telefonischer Freigabe einer TAN

Onlinebanking gilt als sicher, solange sich die Kunden an die ordnungsgemäße Nutzung halten. Im Folgenden war eine eigentlich sichere Zwei-Faktor-Authentisierung, bei der ein online ausgelöster Auftrag auf einem anderen onlinefähigen Gerät bestätigt werden muss, durch einen dritten Faktor gestört: einen angeblichen Mitarbeiter am Telefon. Das Oberlandesgericht Braunschweig (OLG) musste entscheiden, ob der folglich entstandene Schaden erstattungsfähig war oder nicht.

Onlinebanking gilt als sicher, solange sich die Kunden an die ordnungsgemäße Nutzung halten. Im Folgenden war eine eigentlich sichere Zwei-Faktor-Authentisierung, bei der ein online ausgelöster Auftrag auf einem anderen onlinefähigen Gerät bestätigt werden muss, durch einen dritten Faktor gestört: einen angeblichen Mitarbeiter am Telefon. Das Oberlandesgericht Braunschweig (OLG) musste entscheiden, ob der folglich entstandene Schaden erstattungsfähig war oder nicht.

Eine Frau hatte bei ihrer Bank ein Girokontomodell mit Online-Banking und dem sogenannten push-TAN-Verfahren gewählt. Bei diesem Verfahren wird die jeweilige Freigabe eines an einem onlinefähigen Gerät ausgelösten Bankingauftrags auf einem weiteren Gerät - Smartphone oder Tablet - per spezieller App erteilt. Dann jedoch erhielt die Bankkundin einen Anruf eines angeblichen Bankmitarbeiters, der von einem Versuch einer unberechtigten Kreditkartenanmeldung berichtete. Er forderte die Frau auf, das push-TAN-Verfahren durchzuführen, um die Kreditkartenanmeldung zu ihrem Konto zu löschen. Auf seine Anweisung hin wiederholte sie diesen Vorgang viermal. Er gab ihr anschließend die Auskunft, dass ihr Konto zur Sicherheit gesperrt werde, sie aber mit der EC-Karte weiterhin zahlen könne. Von dem Konto der Frau wurden schließlich mittels einer neu registrierten Kreditkarte insgesamt knapp 8.000 EUR abgebucht. Als die Bank die Regulierung des Schadens ablehnte, klagte die Frau - allerdings vergeblich.

Die Frau hatte nach Auffassung des OLG pflichtwidrig einen durch Dritte veranlassten Buchungsvorgang im Wege des push-TAN-Verfahrens freigegeben. Aus den Sicherheitshinweisen der Bank ergab sich jedoch eindeutig, dass Bankmitarbeiter am Telefon niemals dazu auffordern, eine TAN zu nennen oder einen Auftrag mit der push-TAN-App freizugeben. Die Frau hätte durch den Telefonanruf misstrauisch werden müssen.

Hinweis: Wer telefonisch eine geheime Nummer freigibt, muss sich nicht wundern, dass die Bank keinen Schadensersatz leisten muss. Sparkassen, Banken, Versicherungen und alle anderen Unternehmen rufen niemals an und verlangen die Preisgabe oder Verwendung von geheimen Informationen.


Quelle: OLG Braunschweig, Urt. v. 06.01.2025 - 4 U 439/23
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 05/2025)

Falsche Kontoverbindung: Elektronischer Rechnungsverkehr ohne Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist Risiko des Versenders

Unternehmen sollten sich in Sachen Eigensicherung den folgenden interessanten und äußerst praxisrelevanten Fall des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) gut merken. Denn er betrifft den Rechnungsversand per E-Mail - also den Weg, den wohl die meisten Firmen in Deutschland mittlerweile wählen, um an ihr Geld zu kommen.

Unternehmen sollten sich in Sachen Eigensicherung den folgenden interessanten und äußerst praxisrelevanten Fall des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) gut merken. Denn er betrifft den Rechnungsversand per E-Mail - also den Weg, den wohl die meisten Firmen in Deutschland mittlerweile wählen, um an ihr Geld zu kommen.

Ein Unternehmen führte Installationsarbeiten im Haus einer Kundin durch. Zwei der insgesamt drei Rechnungen wurden durch sie auch problemlos bezahlt. Dann folgte eine dritte Rechnung über 15.000 EUR, die genau wie die vorherigen Rechnungen per E-Mail im PDF-Format übermittelt wurde. Auch diesen Betrag beglich die Kundin zwar, doch kam das Geld beim Installationsunternehmen nie an. Denn die Rechnung war auf ungeklärte Weise durch einen Dritten manipuliert und damit der berechnete Betrag auf das Konto dieses unbekannten Dritten überwiesen worden. Nun wollte das Unternehmen seine Rechnung (trotzdem) bezahlt bekommen - irgendwie verständlich. Und die Kundin - ebenso verständlich - weigerte sich, so dass das Ganze vor dem OLG landete.

Wenn eine per E-Mail versandte Werklohnrechnung gehackt und unbefugt verändert wird und der Kunde deshalb an einen unbekannten Dritten zahlt, muss der Kunde laut Urteil des OLG nicht noch einmal an den Werkunternehmer zahlen. Das gilt jedenfalls dann, wenn dieser die Rechnung ohne sogenannte "Ende-zu-Ende-Verschlüsselung" versandt hat und deshalb gegen ihn ein Schadensersatzanspruch aus Art. 82 Datenschutz-Grundverordnung besteht.

Hinweis: Das Urteil hat Sprengkraft, denn letztendlich wird nahezu jedes Unternehmen mit dem vorbezeichneten Risiko bedroht sein. Der Versand von Rechnungen per E-Mail ohne weitere Verschlüsselung birgt ab sofort enorme Risiken.


Quelle: Schleswig-Holsteinisches OLG, Urt. v. 18.12.2024 - 12 U 9/24
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 05/2025)

Auftraggeber zahlt: In solchen Fällen müssen keine Maklerkosten gezahlt werden

Der Bundesgerichtshof (BGH) musste einen Fall entscheiden, in dem der geltende Grundsatz umgangen werden sollte, dass bei verkäuferseitiger Maklerbeauftragung dessen Provision zu gleichen Teilen von Käufer und Verkäufer getragen wird. Da spiele es auch keine Rolle, dass der Kaufpreis entsprechend reduziert wird.

Der Bundesgerichtshof (BGH) musste einen Fall entscheiden, in dem der geltende Grundsatz umgangen werden sollte, dass bei verkäuferseitiger Maklerbeauftragung dessen Provision zu gleichen Teilen von Käufer und Verkäufer getragen wird. Da spiele es auch keine Rolle, dass der Kaufpreis entsprechend reduziert wird.

Ein Ehepaar kaufte eine Doppelhaushälfte. Mit der Vermittlung der Immobilie entstand der zuständigen Maklerin ein Anspruch von 25.000 EUR - und zwar der Verkäuferin gegenüber. Der im Expose vorgesehene Kaufpreis wurde dann um diese 25.000 EUR reduziert, zugleich verpflichteten sich die Käufer zur Zahlung eines Honorars in selbiger Höhe. Das Honorar zahlten sie also direkt an die Maklerin. Alle glücklich? Weit gefehlt. Die Käufer verlangten die von ihnen gezahlte Provision zurück, und dies zu Recht.

Der BGH erklärte die Vereinbarung über den Maklerlohn für komplett unwirksam. § 656d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist nicht nur auf Vereinbarungen der Parteien des Kaufvertrags untereinander anwendbar, hier also zwischen dem Ehepaar und der Verkäuferin. Vielmehr erfasst er auch vertragliche Vereinbarungen, durch die (unmittelbar oder mittelbar) ein Anspruch des Maklers auf Zahlung von Maklerlohn gegenüber der Partei des Kaufvertrags begründet wird, die selbst nicht Partei des Maklervertrags war. Da die Käufer im Innenverhältnis zur Verkäuferin verpflichtet waren, den Maklerlohn in voller Höhe zu bezahlen, blieb die Verkäuferin, die den Maklervertrag abgeschlossen hatte, nicht zur Zahlung des Maklerlohns mindestens in gleicher Höhe verpflichtet. Der Verstoß gegen § 656d BGB führt zur Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung. Die Käufer konnten die Rückzahlung des Maklerlohns in voller Höhe verlangen.

Hinweis: Die Umgehung von zwingenden gesetzlichen Vorschriften ist nie eine gute Idee. In jedem Fall sollte vorher ein Rechtsanwalt um Rat gebeten werden.


Quelle: BGH, Urt. v. 06.03.2025 - I ZR 138/24
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 05/2025)

Irrtum der Feuerwehr: Gemeinde haftet für Schäden an fälschlicherweise aufgebrochener Wohnung

Es hat zumeist sehr gute Gründe, wenn sich die Feuerwehr gezwungen sieht, gewaltsam in eine Wohnung einzudringen. Doch in den Rettern stecken eben auch "nur" Menschen, und diese neigen naturgemäß manchmal dazu, sich zu irren. Wer dafür haftet, wenn sich die Feuerwehr in der Tür irrt, musste das Landgericht Stralsund (LG) entscheiden.

Es hat zumeist sehr gute Gründe, wenn sich die Feuerwehr gezwungen sieht, gewaltsam in eine Wohnung einzudringen. Doch in den Rettern stecken eben auch "nur" Menschen, und diese neigen naturgemäß manchmal dazu, sich zu irren. Wer dafür haftet, wenn sich die Feuerwehr in der Tür irrt, musste das Landgericht Stralsund (LG) entscheiden.

In einer Wohnungseigentumsanlage ging der Rauchwarnmelder an. Die Feuerwehr brach daraufhin eine Wohnungstür auf - leider die falsche, nämlich die der Nachbarwohnung. Der Eigentümer dieser Wohnung verlangte nun, dass die Gemeinde, für die die Feuerwehr tätig war, den Schaden übernehmen müsse. Die Gemeinde verweigerte hingegen den Kostenersatz. Der Türaufbruch sei schließlich nach den Grundsätzen der Anscheinsgefahr rechtmäßig erfolgt. Zumindest aber treffe die Feuerwehreinsatzkräfte kein Verschulden. Aber auch für eine verschuldensunabhängige polizei- und ordnungsrechtliche Entschädigung sei kein Raum. Daraufhin klagte der Eigentümer der Wohnung.

In Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung hat das LG einen Hinweisbeschluss erlassen. Das Gericht meinte, auch wenn der Aufbruch der falschen Wohnungstür durch die Feuerwehr durchaus rechtmäßig gewesen sein könnte, ändere dies an der Zahlungspflicht trotzdem nichts. Denn der Mann, dessen Eingangstür versehentlich aufgebrochen worden war, ist nach den betreffenden Bestimmungen des Polizei- und Ordnungsrechts zu entschädigen (§ 72 Abs. 1 Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern). Ihn traf an der ganze Sache schließlich keinerlei Verschulden; er war ein sogenannter "Nichtstörer".

Hinweis: Solche Hinweisbeschlüsse werden durch Gerichte gerade in der Berufungsinstanz häufig erlassen. In diesem Fall weiß die Gemeinde, dass sie zahlen muss, wenn ein Urteil gefällt wird. Das gibt ihr die Möglichkeit, den Anspruch vorher anzuerkennen und damit Kosten zu sparen.


Quelle: LG Stralsund, Beschl. v. 24.02.2025 - 2 O 154/24
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 05/2025)

Gewerbemietrecht: BGH erklärt Übernahme der Umsatzsteuer auf Miete und Nebenkosten durch Mieter für rechtens

Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich mit einem steuerlichen Problem auseinandersetzen, das eine Mieterin aufwarf, als diese der Meinung war, dass sie doppelte Umsatzsteuer für einzelne Betriebskosten zahle. Ob und unter welchen Umständen dies gerechtfertigt ist, war gar nicht so einfach darzulegen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich mit einem steuerlichen Problem auseinandersetzen, das eine Mieterin aufwarf, als diese der Meinung war, dass sie doppelte Umsatzsteuer für einzelne Betriebskosten zahle. Ob und unter welchen Umständen dies gerechtfertigt ist, war gar nicht so einfach darzulegen.

In einem Vertrag zur Anmietung von Gewerberäumen war geregelt, dass die Mieterin die monatliche Grundmiete, Vorauszahlungen auf die Nebenkosten und die "jeweils gültige Mehrwertsteuer von derzeit 19 %" zu entrichten habe. Die Mieterin zahlte dann die Nebenkostenabrechnung zuzüglich der Umsatzsteuer. Dann fiel ihr auf, dass in einzelnen Betriebskosten bereits die Umsatzsteuer enthalten war, zum Beispiel bei Beträgen eines Hausmeisterdienstes. Deshalb meinte sie nun, doppelte Umsatzsteuer gezahlt zu haben. Denn die Vermieterin hatte die Kosten, in denen bereits die Umsatzsteuer enthalten war, umgelegt und dann noch einmal Umsatzsteuer darauf berechnet. Das hatte sie aber deshalb gemacht, da es sich um eine Wohnungseigentumsanlage/Teileigentumsanlage gehandelt hat und ein Herausrechnen der Umsatzsteuer aus den einzelnen Positionen gar nicht möglich war. Schließlich klagte die Mieterin die Rückzahlung der angeblich zu viel gezahlten Umsatzsteuer ein. Geld hat sie allerdings keins bekommen.

Die Vermieterin hatte die ihr von der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Jahresabrechnung für umlagefähige Kostenpositionen in Rechnung gestellten Beträge einschließlich der darin enthaltenen Umsatzsteuer als Betriebskosten auf die Klägerin umgelegt - und durfte dies in Augen des BGH auch. Haben die Parteien eines gewerblichen Mietverhältnisses vereinbart, dass der Mieter die Umsatzsteuer auf Miete und Nebenkosten übernimmt, kann der Vermieter die zusätzliche Zahlung des Umsatzsteuerbetrags vom Mieter verlangen, wenn er selbst tatsächlich umsatzsteuerpflichtig ist. Der Vermieter kann auf die Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht nur dann verzichten, wenn der Mieter Unternehmer ist und die Mieträume für unternehmerische Zwecke nutzt.

Hinweis: Der Vermieter kann die Umsatzsteuer also nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen auf den Mieter abwälzen. Solche Fallgestaltungen bedürfen einer intensiven rechtlichen Begleitung.


Quelle: BGH, Urt. v. 15.01.2025 - XII ZR 29/24
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 05/2025)

Verspäteter Koffer kaputt: Frist für verdeckte Schäden nicht bei deutlich beschädigtem Kofferschloss ausschöpfbar

Mit dem Personal, das für das Gepäck an den Flughäfen verantwortlich zeichnet, möchte man sicher nicht tauschen. Doch alles Verständnis für die körperlich schwere Arbeit ist meist verflogen, wenn der eigene Koffer verschwunden bleibt. Wer Glück hat, bekommt sein Gepäck zwar verspätet, aber dennoch wohlbehalten zurück. Im Fall des Landgerichts Saarbrücken (LG) ging die Sache mit dem Koffer jedoch anders aus.

Mit dem Personal, das für das Gepäck an den Flughäfen verantwortlich zeichnet, möchte man sicher nicht tauschen. Doch alles Verständnis für die körperlich schwere Arbeit ist meist verflogen, wenn der eigene Koffer verschwunden bleibt. Wer Glück hat, bekommt sein Gepäck zwar verspätet, aber dennoch wohlbehalten zurück. Im Fall des Landgerichts Saarbrücken (LG) ging die Sache mit dem Koffer jedoch anders aus.

Ein Mann war mit seiner Familie in den Sommerurlaub geflogen. Bei der Rückkehr in Deutschland meldete er das Fehlen seines Koffers am Schalter der Fluggesellschaft. Am 31. August wurde der Koffer dem Mann nach Hause gebracht. Am 7. September reklamierte die Ehefrau des Manns auf der Internetseite der Fluggesellschaft die Schäden an dem Koffer sowie fehlenden Inhalt. Das Schloss sei abgebrochen gewesen, und es würden unter anderem ein Föhn im Wert von knapp 500 EUR sowie zwei Ringe im Wert von 119 EUR und 129 EUR fehlen. Insgesamt wären Gegenstände im Wert von knapp 1.400 EUR verschwunden. Als die Fluggesellschaft sich weigerte, zu zahlen, klagte der Mann sein Geld ein.

Die Klage wurde vom LG jedoch abgewiesen. Zwar hatte der Mann grundsätzlich einen Anspruch aus Art. 17 Abs. 2 des Montrealer Übereinkommens (MÜ). Allerdings war der Anspruch nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 MÜ befristet. Im Fall einer Beschädigung muss der Empfänger unverzüglich nach Entdeckung des Schadens eine Anzeige erstatten, bei aufgegebenem Reisegepäck jedenfalls binnen sieben Tagen nach der Annahme. Bei dieser Frist handelt es sich jedoch um eine Höchstfrist, die auch - zunächst - verdeckte Schäden erfasst. Diese Frist kann dabei nicht immer voll ausgeschöpft werden. Bei einem erkennbar äußerlich beschädigten Koffer muss der Inhalt grundsätzlich direkt kontrolliert werden. Und das war hier nicht passiert.

Hinweis: Die Schadensfeststellung muss innerhalb der Mindestfrist erfolgen, die notwendig ist, um den Schadensfall zu prüfen und eine inhaltlich und formell ausreichende Schadensanzeige zu übermitteln. So wird auch in diesem Fall deutlich, dass eine ordnungsgemäße Anzeige des Mangels im Reiserecht zur Durchsetzung von Ansprüchen enorm wichtig ist.


Quelle: LG Saarbrücken, Urt. v. 12.12.2024 - 13 S 70/24
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 05/2025)

Nachtaktive Nachbarn: Wer regelmäßige Lärmbelastung ordentlich protokolliert, kommt endlich zur Ruhe

Nicht immer müssen es ungewöhnliche Lärmereien wie der heftige Bass zur Tanzmusik oder begleitender Partylärm sein, die zur Kündigung des Mietverhältnisses führen können. Dass durchaus auch wohnübliche Aktivitäten stets eine Frage des richtigen Timings sind, beweist der Fall, den das Amtsgericht Hamburg (AG) in Sachen Lärmbelästigung im Mietshaus zu lösen hatte.

Nicht immer müssen es ungewöhnliche Lärmereien wie der heftige Bass zur Tanzmusik oder begleitender Partylärm sein, die zur Kündigung des Mietverhältnisses führen können. Dass durchaus auch wohnübliche Aktivitäten stets eine Frage des richtigen Timings sind, beweist der Fall, den das Amtsgericht Hamburg (AG) in Sachen Lärmbelästigung im Mietshaus zu lösen hatte.

In der 116 m² großen Hamburger Altbauwohnung einer Wohnungsbaugenossenschaft wohnten eine 79-jährige betreute Bewohnerin und ihr Sohn. Über die beiden häuften sich die Beschwerden der Nachbarschaft: Immer wieder kam es während der Abend- und Nachtzeiten durch Baden, Duschen, Staubsaugen, Waschmaschinenwäsche, lautes Streiten, Möbelrücken, Türen- und Fensterschlagen zu Lärmbelästigungen der anderen Mieter. Nachdem diese Lärmprotokolle eingereicht hatten, reagierte die Wohnungsbaugenossenschaft mit Abmahnschreiben. Termine für klärende persönliche Gespräche wurden durch die alte Dame und ihren Sohn abgesagt. Schließlich sprach die Wohnungsgenossenschaft eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses aus.

Und zwar zu Recht. Das AG bestätigte, dass auch typisches Wohnverhalten - wie Duschen, Baden, Staubsaugen, Möbelrücken und eine Unterhaltung - zu einer außerordentlichen Kündigung des Wohnraummietvertrags wegen Störung des Hausfriedens führen kann. Anhand der Lärmprotokolle ergab sich, dass diese Störungen nicht vereinzelt, sondern regelmäßig feststellbar waren und in den Nachtstunden von 22 Uhr bis 6 Uhr auftraten. Deshalb wurde der Räumungsklage stattgegeben.

Hinweis: Dieser Fall zeigt, dass im Fall von Lärmstörungen die Anfertigung von Protokollen unerlässlich ist. Es ist zwingend erforderlich, dass nachgewiesen werden kann, wann genau welche Störungen wie oft in der Vergangenheit aufgetreten sind. Nur so ist eine effektive Rechtsverfolgung möglich.
 
 


Quelle: AG Hamburg, Urt. v. 11.02.2025 - 21 C 344/24
zum Thema: Mietrecht

(aus: Ausgabe 05/2025)