Elterliche Sorge: Gemeinsam geschlossener Schulvertrag kann auch nach Scheidung nur gemeinsam gekündigt werden

Wenn man sich scheiden lässt, bleibt die Verbundenheit in manchen Bereichen bestehen - so auch beim Schulvertrag der Kinder. Hat man den als noch verheiratetes Paar geschlossen, kann man ihn nach einer Scheidung auch nur gemeinsam kündigen. Ob sich daran etwas ändert, wenn ein Elternteil befürchtet, den Vertragspflichten nicht mehr ausreichend nachkommen zu können, musste das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) abwägen.

Wenn man sich scheiden lässt, bleibt die Verbundenheit in manchen Bereichen bestehen - so auch beim Schulvertrag der Kinder. Hat man den als noch verheiratetes Paar geschlossen, kann man ihn nach einer Scheidung auch nur gemeinsam kündigen. Ob sich daran etwas ändert, wenn ein Elternteil befürchtet, den Vertragspflichten nicht mehr ausreichend nachkommen zu können, musste das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) abwägen.

Noch verheiratet und in Ausübung der gemeinsamen Sorge hatten Eltern im eigenen Namen Schulverträge mit einer Privatschule abgeschlossen. Dann ließen sich die Eltern scheiden. Die Verantwortung für Schulangelegenheiten der beiden Kinder wurde gerichtlich dem Vater zur alleinigen Ausübung übertragen. Die Mutter wollte die beiden Schulverträge beenden, der Vater lehnte dies jedoch ab. Also beantragte die Mutter gerichtlich, dass die Verträge aufgelöst werden bzw. dass sie aus den Verträgen entlassen wird. Die Mutter wollte die Kinder gerne in eine Regelschule geben. Allgemein sei sie mit der Schule unzufrieden, auch die Kosten erdrückten sie. Der Vater und die Schule lehnten jedoch ab, die Mutter aus dem Vertrag zu entlassen. Der Vater befürchtete, dass man mit ihm allein keinen neuen Vertrag schließen werde, da die Schule befürchten könnte, er könnte die Kosten nicht alleine schultern.

Die Mutter scheiterte mit ihrem Einwand vor dem OLG. Sie habe schlichtweg keinen Anspruch auf Kündigung der Verträge. Sie müsse sich vielmehr mit dem Vater über deren Fortgeltung einigen. Sie müssen akzeptieren, hierbei als Gesamtschuldnerin verpflichtet zu sein, auch wenn sich das kostensteigernd für sie auswirkt. Wie die Eltern die Kosten unter sich aufteilen, haben sie unterhaltsrechtlich zu klären.

Hinweis: Verträge sind einzuhalten. Das gilt auch nach einer Scheidung. Die Eltern müssen hier eine gemeinsame Basis finden oder eben den Vertrag wie geschlossen erfüllen.


Quelle: OLG Nürnberg, Beschl. v. 10.04.2025 - 10 UF 1180/24
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung: Hohe Abfindung nach sexistischem, übergriffigen und entwürdigenden Verhalten des Geschäftsführers

Dass der Missbrauch der eigenen Machtstellung Vorgesetzte richtig teuer zu stehen kommen kann, zeigt dieser Fall, der vor dem Landesarbeitsgericht Köln (LAG) landete. Auslöser dafür waren zuerst die wiederholten sexistischen Beleidigungen eines Geschäftsführers einer Mitarbeiterin gegenüber und die Tatsache, dass eine Weiterbeschäftigung aufgrund dessen völlig indiskutabel erschien.

Dass der Missbrauch der eigenen Machtstellung Vorgesetzte richtig teuer zu stehen kommen kann, zeigt dieser Fall, der vor dem Landesarbeitsgericht Köln (LAG) landete. Auslöser dafür waren zuerst die wiederholten sexistischen Beleidigungen eines Geschäftsführers einer Mitarbeiterin gegenüber und die Tatsache, dass eine Weiterbeschäftigung aufgrund dessen völlig indiskutabel erschien.

Eine langjährige Mitarbeiterin eines Unternehmens hatte sich gegen eine Kündigung gewehrt. Im Laufe des Verfahrens stellte sich heraus, dass der Geschäftsführer sie mehrfach sexistisch und respektlos beleidigt hatte. Die Worte waren derart verletzend, dass es für die Frau unmöglich war, weiterhin in der Firma zu arbeiten. Schon das Arbeitsgericht Bonn (ArbG) entschied, dass der Arbeitgeber keinen rechtmäßigen Grund für die Kündigung nennen konnte. Gleichzeitig hielt das ArbG die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für unzumutbar. Deshalb wurde das Arbeitsverhältnis aufgelöst und die Frau erhielt eine Abfindung von 70.000 EUR. Der Arbeitgeber war mit dieser Entscheidung jedoch nicht einverstanden, da er meinte, die Summe sei übertrieben hoch und nicht gerechtfertigt. Nach seiner Auffassung hätte die Frau durch ihr Verhalten gezeigt, dass sie eigentlich bereit gewesen wäre, im Unternehmen zu bleiben. Er legte daher Berufung ein und der Fall landete beim LAG.

Das Gericht bestätigte im Wesentlichen die Entscheidung der Vorinstanz. Es stellte klar, dass die Aussagen des Geschäftsführers weit über das hinausgingen, was im Berufsleben akzeptabel war. Eine Weiterarbeit war der Frau unter diesen Umständen nicht zuzumuten. Auch die Höhe der Abfindung hielt das Gericht grundsätzlich für angemessen. Besonders schwer wog zudem, dass die Frau durch das Verhalten eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten hatte. Außerdem war die Kündigung nicht rechtmäßig, sondern sozialwidrig. Das Gericht erkannte an, dass der Geschäftsführer seine Machtposition gezielt eingesetzt hatte, um Druck auf die Frau auszuüben und sie aus dem Unternehmen zu drängen. Am Ende reduzierte das Gericht die Abfindung nur geringfügig und sprach der Frau 68.153,80 EUR zu.

Hinweis: Sexistische oder respektlose Beleidigungen durch Vorgesetzte können nicht nur das Arbeitsklima zerstören, sondern auch erhebliche finanzielle Folgen für den Arbeitgeber nach sich ziehen. Eine Abfindung kann dann besonders hoch ausfallen, wenn die betroffene Person stark unter den Angriffen zu leiden hatte. Gerichte prüfen dabei auch, ob Vorgesetzte ihre Macht bewusst missbrauchten.


Quelle: LAG Köln, Urt. v. 09.07.2025 - 4 SLa 97/25
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

Wirkungsloser Beschluss: Möglichkeit der Berichtigung von Fehlern hat in Entscheidungen ihre Grenzen

Da irren menschlich ist, kommen auch bei Gericht Zahlendreher vor oder wird ein Name falsch geschrieben. Sind diese Fehler offensichtlich, kann man sie schnell und unbürokratisch berichtigen. Gibt es aber Fehler, über die man nicht einfach hinwegsehen kann, um sie "eins, fix, drei" zu korrigieren, machen diese einen gerichtlichen Beschluss schnell unwirksam. Ob auch in diesem Fall das Verfahren neu aufgerollt werden musste, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG).

Da irren menschlich ist, kommen auch bei Gericht Zahlendreher vor oder wird ein Name falsch geschrieben. Sind diese Fehler offensichtlich, kann man sie schnell und unbürokratisch berichtigen. Gibt es aber Fehler, über die man nicht einfach hinwegsehen kann, um sie "eins, fix, drei" zu korrigieren, machen diese einen gerichtlichen Beschluss schnell unwirksam. Ob auch in diesem Fall das Verfahren neu aufgerollt werden musste, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG).

Ein Jugendamt klagte auf Festsetzung einer Unterhaltsverpflichtung für ein Kind, das bei seinem Vater lebte, der somit auch das Kindergeld bezog. Der Antrag des Jugendamts richtete sich gegen die Mutter. Das Gericht setzte aber aus unerfindlichen Gründen auf die klassische Rollenverteilung und den Unterhalt daher gegen den Vater statt gegen die Mutter fest und stellte diesen Beschluss auch nur an ihn zu. Der Vater staunte da natürlich nicht schlecht. Die daraufhin erfolgte Bitte des Jugendamts um Korrektur sah eine Rechtspflegerin ganz pragmatisch und tauschte schlicht und ergreifend den Vater gegen die Mutter aus - nur namentlich, versteht sich. Dagegen wandte sich dann jedoch die Mutter im Wege der Rechtsbeschwerde an das OLG. In einem Berichtigungsbeschluss können Verfahrensbeteiligte nicht einfach ausgetauscht werden. Der ursprüngliche Beschluss sei ihr auch niemals zugestellt worden.

Und sie behielt Recht. Schon der erste Beschluss an den Vater sei wirkungslos gewesen, da gegen diesen gar kein Verfahren rechtshängig war - das Jugendamt hatte sich schließlich gegen die Mutter gerichtet. Dieser wurde der Beschluss aber nie zugestellt. Diese Zustellung ist für den Unterhaltsfestsetzungsantrag aber eine notwendige Voraussetzung für die Rechtshängigkeit. Auch die später gegen die Mutter ergangene Entscheidung ist wirkungslos. Die Grenzen einer möglichen Berichtigung sind hier überschritten worden. Hier wurden keine Fehler korrigiert, sondern Personen ausgetauscht. Eine (rechtlich) unbeteiligte Person hat man so zur Verfahrensbeteiligten gemacht. Daher sei nun eine Fortsetzung des Verfahrens erforderlich. Mit dieser Begründung verfügte das OLG die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

Hinweis: Auch Fehler im Namen einer Person können verbessert werden, solange klar bleibt, dass es sich um dieselbe Person handelt. Verwechselt das Gericht aber Personen, dann muss es den Fall neu aufrollen, eventuell Prozesshandlungen nachholen. Es kann nicht einfach Entscheidungen "umschreiben".


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 21.08.2025 - 6 UF 146/25
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

Umgangsrecht: Kindeswohlgefährdung rechtfertigt begleiteten Umgang

Familien und deren Umgang mit ihren Kindern sind grundrechtlich geschützt. Aus diesem Grund können begleitete Umgänge grundsätzlich auch nur für sechs Monate angeordnet werden. Begleitete Umgänge für eine längere Zeit oder gar unbefristet sind nur bei vorliegender Kindeswohlgefährdung möglich. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) musste prüfen, ob diese Gefährdung zutrifft und vor allem nicht in absehbarer Zeit nachlassen werde.

Familien und deren Umgang mit ihren Kindern sind grundrechtlich geschützt. Aus diesem Grund können begleitete Umgänge grundsätzlich auch nur für sechs Monate angeordnet werden. Begleitete Umgänge für eine längere Zeit oder gar unbefristet sind nur bei vorliegender Kindeswohlgefährdung möglich. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) musste prüfen, ob diese Gefährdung zutrifft und vor allem nicht in absehbarer Zeit nachlassen werde.

Es ging um den Umgang zweier Kinder - das eine neun, das andere sechs Jahre alt. Die ukrainischen Eltern wurden in der Ukraine bereits geschieden. Die Mutter flüchtete schließlich vor dem Krieg mit den Kindern nach Deutschland. Der Vater hatte dem zugestimmt, blieb selbst aber in der Ukraine. Erst zwei Jahre später kam auch er nach Deutschland, nachdem er in der Zwischenzeit telefonisch Kontakt mit seinen Kindern gehalten hatte. Es entbrannte schließlich Streit um das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Gesundheitssorge der beiden. Die Mutter hatte Angst, dass der Vater die Kinder in die Ukraine rückführen wolle, zudem boykottierte er aus Glaubensgründen nötige Schutzimpfungen der Kinder. Im Umgangsverfahren einigte man sich schließlich darauf, dass der Vater die Kinder wöchentlich sehen dürfe - dies jedoch stets in Anwesenheit der Kindesmutter. Der Vater wollte hingegen einen unbegleiteten Umgang erreichen, zog dafür abermals vor Gericht und konnte dort immerhin einen Teilerfolg verbuchen.

Das OLG entschied, dass die begleiteten Umgänge zu befristen sind und für die Folgezeit unbegleitete Umgänge geregelt werden sollen. Die Anordnung begleiteter Umgänge sei zwar zu Recht erfolgt - diese seien aber zu befristen. Unbefristete Begleitung kann bei Kindeswohlgefährdung angeordnet werden, beispielsweise wenn sich Kinder und Eltern total entfremdet haben. Ist aber bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung absehbar, dass im Anschluss an die Umgangsbegleitung unbegleitete Umgänge in Betracht kommen, sind die Begleittermine zu befristen. Zudem ist eine Anschlussregel hinsichtlich des unbegleiteten Umgangs zu treffen. Andernfalls würde nur eine Teilentscheidung getroffen werden, was in Umgangssachen aber nicht zulässig ist. Sollte sich die der Entscheidung zugrundeliegende Prognose - unbegleitete wöchentliche Umgänge ohne Übernachtung - als falsch erweisen, steht den Eltern dann immer noch ein Abänderungsverfahren offen.

Hinweis: Wer eine dauerhafte Begleitung erreichen möchte, muss eine konkrete Kindeswohlgefährdung vortragen können. Ist dies nicht glaubhaft möglich, wird eine Begleitung stets nur befristet angeordnet.


Quelle: OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 23.07.2025 - 6 UF 79/25
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

Bei schwerwiegenden Verdachtsfällen: Ergebnisse von nicht anonymisierter Mitarbeiterbefragung können Kündigung nach sich ziehen

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (LAG) befasste sich mit der Frage, ob sich eine Kündigung unter bestimmten Voraussetzungen auf Ergebnisse einer nicht anonymisierten Mitarbeiterbefragung stützen darf. Was sich auf den ersten Blick etwas bedrohlich liest, löst sich auf, wenn man den Sachverhalt genauer ins Auge fasst, bei dem auch das Machtgefüge in Betrieben eine Rolle spielt.

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (LAG) befasste sich mit der Frage, ob sich eine Kündigung unter bestimmten Voraussetzungen auf Ergebnisse einer nicht anonymisierten Mitarbeiterbefragung stützen darf. Was sich auf den ersten Blick etwas bedrohlich liest, löst sich auf, wenn man den Sachverhalt genauer ins Auge fasst, bei dem auch das Machtgefüge in Betrieben eine Rolle spielt.

Ein langjähriger Schichtführer stand im Verdacht, Betriebsmaterial für private Zwecke genutzt und Kollegen während der Arbeitszeit zu privaten Arbeiten gedrängt zu haben. Nach Darstellung des Unternehmens nutzte er seine Stellung aus, um andere unter Druck zu setzen - beispielsweise um private Dinge aus Firmeneigentum für ihn anzufertigen. Um den Vorwürfen nachzugehen, verteilte der Arbeitgeber einen ausführlichen Fragebogen mit rund 150 Fragen an alle Beschäftigten. Abgefragt wurden Beobachtungen zu Arbeitsabläufen, möglichen Pflichtverstößen und dem Verhalten des Schichtführers. Die Antworten waren nicht anonymisiert. Zwar wurde der Betriebsrat über die Maßnahme informiert, seine ausdrückliche Zustimmung lag jedoch nicht vor. Der Schichtführer empfand die Befragung schließlich als Angriff auf seine Person und erklärte, sein Ruf sei beschädigt und er fühle sich in seiner Würde verletzt. Er hielt die Maßnahme für überzogen, unverhältnismäßig und rechtlich unzulässig. Außerdem kritisierte er, dass der Betriebsrat nicht beteiligt worden sei.

Das LAG sah dies anders und kam zu dem Ergebnis, dass die außerordentliche Kündigung durchaus wirksam war. Mehrere Beschäftigte hatten bestätigt, dass der Schichtführer sie zu privaten Arbeiten gedrängt hatte und dafür Betriebsmaterial nutzte. Durch die Kombination aus Pflichtverletzungen und Vorgesetztenrolle war das Vertrauen in ihn dauerhaft zerstört. Damit lag ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung nach § 626 Bürgerliches Gesetzbuch vor. Besonders wichtig war die Einschätzung des Gerichts zur Befragung: Diese sei rechtlich zulässig gewesen - auch wenn die Antworten nicht anonymisiert erfolgten. Entscheidend sei gewesen, dass sie einem konkreten Verdacht nachging und verhältnismäßig war. Nach § 26 Abs. 1 Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz sei eine solche Maßnahme im Rahmen der Aufklärung erlaubt. Auch seien die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht verletzt worden, so dass die Befragung ohne dessen Zustimmung zulässig war.

Hinweis: Arbeitgeber dürfen bei schwerwiegenden Verdachtsfällen auch Befragungen im Betrieb durchführen. Wichtig ist, dass die Maßnahme verhältnismäßig bleibt und sich auf einen konkreten Vorwurf bezieht. So kann eine Kündigung rechtlich wirksam abgesichert werden.


Quelle: LAG Niedersachsen, Urt. v. 15.01.2025 - 2 SLa 31/24
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

Verfahrensrecht: Akteneinsicht muss rechtzeitig beantragt oder aber das Interesse daran im Nachgang begründet werden

Wird der Umgang gerichtlich geregelt, haben die Verfahrensbeteiligten ein Akteneinsichtsrecht. Ist das Umgangsverfahren allerdings abgeschlossen, besteht das Recht auf Akteneinsicht nur, wenn von dem jeweiligen Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Einsicht dargelegt und glaubhaft gemacht wird. Auf eine derartige Begründung einer Mutter zählte im Folgenden auch das Amtsgericht Hof (AG).

Wird der Umgang gerichtlich geregelt, haben die Verfahrensbeteiligten ein Akteneinsichtsrecht. Ist das Umgangsverfahren allerdings abgeschlossen, besteht das Recht auf Akteneinsicht nur, wenn von dem jeweiligen Antragsteller ein berechtigtes Interesse an der Einsicht dargelegt und glaubhaft gemacht wird. Auf eine derartige Begründung einer Mutter zählte im Folgenden auch das Amtsgericht Hof (AG).

Die Eltern eines 2018 geborenen Kindes haben sich scheiden lassen. Der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes ist bei der Kindsmutter. Der beauftragte Sachverständige im Umgangsverfahren hatte telefonisch mitgeteilt, dass er den Umgangsausschluss des Vater empfehle. Das AG hat daraufhin im Wege der einstweiligen Anordnung den Umgang des Kindsvaters mit dem Kind unter Anordnung von Schutzmaßnahmen ausgesetzt. Dieser Beschluss wurde der Kindsmutter zugestellt. Erst nach Abschluss des Verfahrens hat der Anwalt der Mutter die Akteneinsicht beantragt. Das Gericht wies ihn jedoch darauf hin, dass das Verfahren abgeschlossen sei und er dementsprechend ein berechtigtes Interesse darlegen müsse. Der Anwalt tat dies nicht - der Antrag auf Akteneinsicht wurde abgelehnt.

Ohne berechtigtes Interesse keine Akteneinsicht - so könnte man die Entscheidung des AG salopp zusammenfassen. Sobald ein Verfahren abgeschlossen ist, muss ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht vorgetragen werden. Ein solches berechtigtes Interesse liegt etwa dann vor, wenn Rechte des Antragstellers durch den Streitstoff der Akten berührt werden können und die Kenntnis über den Akteninhalt zur Verfolgung von Rechten oder zur Abwehr von Ansprüchen erforderlich ist. Da hier nichts Derartiges vorgetragen wurde, musste der Antrag abgelehnt werden.

Hinweis: Das berechtigte Interesse des Beteiligten eines abgeschlossenen Verfahrens an der Akteneinsicht wird von den Gerichten meist bejaht und die Akteneinsicht gewährt. Wichtig ist, dass ein Interesse wenigstens benannt wird. Hohe Anforderungen werden hier nicht gestellt. Wenn wie hier gar nichts vorgetragen wird, wird der Antrag abgelehnt. Machen Sie sich also die Mühe und benennen Sie ein Interesse oder prüfen Sie, ob Ihr Rechtsbeistand das getan hat!


Quelle: AG Hof, Beschl. v. 18.08.2025 - 001 F 648/25
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

Lückenhafte Umgangsvereinbarung: Auch teils nicht vollstreckbare einvernehmliche Einigung kann gerichtlich gebilligt werden

Auf allen Rechtsgebieten kommt es immer wieder zu Streit, weil Vereinbartes nicht konkret genug ausgestaltet wurde. Im hier behandelten Familienrechtsfall fehlte es bei einer Umgangsvereinbarung an einem klaren - auf den ersten Blick in Sachen Umgang unbedingt notwendigen - Detail. Doch dann warf das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) im dagegen gerichteten Beschwerdeverfahren das Kindeswohl in die Waagschale, und das zählt bekanntlich viel.

Auf allen Rechtsgebieten kommt es immer wieder zu Streit, weil Vereinbartes nicht konkret genug ausgestaltet wurde. Im hier behandelten Familienrechtsfall fehlte es bei einer Umgangsvereinbarung an einem klaren - auf den ersten Blick in Sachen Umgang unbedingt notwendigen - Detail. Doch dann warf das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG) im dagegen gerichteten Beschwerdeverfahren das Kindeswohl in die Waagschale, und das zählt bekanntlich viel.

Vater und Mutter stritten im Beschwerdeverfahren über die Regelung des Umgangs des Vaters mit seiner siebenjährigen Tochter. Das Familiengericht hatte den Umgang des Vaters mit dem Kind für rund acht Monate ausgeschlossen. Dagegen richtete sich dessen Beschwerde. Im Anhörungstermin zur Beschwerde schlossen die Eltern schließlich eine Vereinbarung zum weiteren Umgang. Teilweise enthielt diese Vereinbarung aber keinen vollstreckbaren Inhalt; zum Beispiel fehlten ausdrücklich geregelte Umgangszeiten. Und besonders diese sollten grundsätzlich festgelegt werden, wenn man schon um den Umgang mit dem gemeinsamen Kind streitet. Oder etwa nicht?

Das OLG nahm die getroffene Einigung dennoch an und beendete damit das Beschwerdeverfahren. Der gerichtlichen Billigung stand nicht entgegen, dass die Vereinbarung teilweise keinen vollstreckbaren Inhalt hatte, denn im Umgangsrecht ist die gesetzliche Voraussetzung für die Billigung lediglich eine Kindeswohlprüfung - und eben jenes Kindeswohl wurde durch die getroffene Regelung nicht gefährdet. Es sei zudem anzunehmen, dass die Eltern sich über die Zeiten des Umgangs gesondert einigen, da das Jugendamt die Anbahnung der persönlichen Umgangskontakte weiterhin leiten werde.

Hinweis: Auch wenn das Gericht die Vereinbarung hier billigte, sollten Sie selbst Einigungen, die einvernehmlich zustande kommen, immer so konkret und detailliert wie möglich treffen. Erst dann können Sie das Vereinbarte im Streitfall auch einfach vollstrecken und/oder einklagen. Ohne konkrete Regelung ist dies nicht möglich. Sie können dem Vollstreckungsbeamten dann ja keinen gezielten Auftrag erteilen; er weiß dann schließlich nicht, was er vollstrecken soll.


Quelle: OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.07.2025 - 5 UF 171/24
zum Thema: Familienrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

Pflegebedürftige Angehörige: Keine Arbeitszeitverkürzung, wenn betriebliche Gründe nachvollziehbar dagegen sprechen

Wer sich der Herausforderung stellen will, Angehörige zu pflegen, hofft oft auf Möglichkeiten, seine Arbeitszeiten zu reduzieren. Doch nicht jedem Unternehmen und nicht bei jedem Aufgabenfeld ist eine solche Arbeitszeitverkürzung möglich. Wann ein Arbeitgeber die Reduzierung der Arbeitszeit eines Arbeitnehmers wegen Pflege eines seiner Angehörigen daher ablehnen darf, musste das Arbeitsgericht Suhl (ArbG) entscheiden.

Wer sich der Herausforderung stellen will, Angehörige zu pflegen, hofft oft auf Möglichkeiten, seine Arbeitszeiten zu reduzieren. Doch nicht jedem Unternehmen und nicht bei jedem Aufgabenfeld ist eine solche Arbeitszeitverkürzung möglich. Wann ein Arbeitgeber die Reduzierung der Arbeitszeit eines Arbeitnehmers wegen Pflege eines seiner Angehörigen daher ablehnen darf, musste das Arbeitsgericht Suhl (ArbG) entscheiden.

Ein Außendienstmitarbeiter betreute Kunden in Ost- sowie Süddeutschland und arbeitete normalerweise vier Tage vor Ort und einen Tag im Homeoffice. Anfang März 2024 beantragte er eine Reduzierung seiner Arbeitszeit von 40 auf 20 Stunden pro Woche, verteilt auf drei Tage, um seine Eltern mit Pflegegrad 3 zu pflegen. Der Arbeitgeber schaltete daraufhin eine interne und externe Stellenausschreibung für die freiwerdende Teilzeitstelle. Nach einem Monat ohne Bewerber lehnte er den Antrag seines Außenmitarbeiters schriftlich ab. Daher war es nun am Gericht zu prüfen, ob der Antrag wegen dringender betrieblicher Gründe abgelehnt werden durfte.

Das ArbG entschied, dass die Ablehnung in diesem Fall durchaus berechtigt gewesen war. Die Aufgaben des Mitarbeiters konnten schlichtweg nicht aufgeteilt werden, da die Arbeitszeit nicht zum Organisationsplan passte und kein Ersatz durch vorhandene oder neue Mitarbeiter möglich war. Die wenigen Kollegen konnten die Außendiensttermine mit Übernachtungen nicht übernehmen, neue Teilzeitkräfte fanden sich nicht und alternative freie Stellen waren für den Außendienstler einfach nicht geeignet. Das Gericht wies darauf hin, dass der Arbeitgeber nicht prüfen musste, ob Kundenbesuche per Videokonferenz möglich seien. Die Gestaltung der Vertriebsstruktur unterliege schließlich der unternehmerischen Freiheit, und Ersatzkräfte aus anderen Unternehmensteilen müssten nicht berücksichtigt werden. Auch formell war die Ablehnung rechtzeitig erfolgt, obwohl die Stellenausschreibung noch lief.

Hinweis: Eine Reduzierung der Arbeitszeit wegen Pflege kann abgelehnt werden, sobald dringende betriebliche Gründe vorliegen. Dazu zählt vor allem, dass kein Ersatz möglich ist. Die betriebliche Situation sollte dabei stets sorgfältig dokumentiert werden, um den Ablehnungsgrund nachvollziehbar darzustellen.


Quelle: ArbG Suhl, Urt. v. 07.04.2025 - 5 Ca 1138/24
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

Schwerbehinderte Arbeitnehmer: Kein Präventionsverfahren bei fachlich begründeter Kündigung innerhalb der Probezeit

Schwerbehinderte Arbeitnehmer genießen gut begründete Sonderrechte, wie etwa einen gesonderten Kündigungsschutz, Zusatzurlaub und auch eine Schwerbehindertenvertretung, sobald regelmäßig wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen im Betrieb beschäftigt sind. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) musste sich mit der Frage befassen, ob schwerbehinderte Menschen vor einer Kündigung auch in ihrer Probezeit durch ein besonderes Verfahren geschützt sind.

Schwerbehinderte Arbeitnehmer genießen gut begründete Sonderrechte, wie etwa einen gesonderten Kündigungsschutz, Zusatzurlaub und auch eine Schwerbehindertenvertretung, sobald regelmäßig wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen im Betrieb beschäftigt sind. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) musste sich mit der Frage befassen, ob schwerbehinderte Menschen vor einer Kündigung auch in ihrer Probezeit durch ein besonderes Verfahren geschützt sind.

Ein Mann mit einem Grad der Behinderung von 80 begann Anfang 2023 eine Arbeit als Leiter der Haus- und Betriebstechnik in einem Betrieb ohne Betriebsrat und ohne Schwerbehindertenvertretung. Von Beginn an war eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart. Nach drei Monaten beendete der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis, weil er den Mann für fachlich ungeeignet hielt, was auch dem Integrationsamt angezeigt wurde. Der Mann wollte die Kündigung nicht hinnehmen und erhob Klage, denn er meinte, dass sein Arbeitgeber vor der Kündigung ein Präventionsverfahren nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch hätte durchführen müssen. Zudem sei ihm kein Arbeitsplatz angeboten worden, der besser auf seine Behinderung zugeschnitten gewesen wäre.

Das BAG stellte jedoch klar, dass ein Präventionsverfahren nur verlangt werden könne, wenn das Kündigungsschutzgesetz bereits greife - das aber wäre erst nach sechs Monaten der Fall gewesen, denn die Probezeit gehört in die sogenannte Wartezeit. Deshalb musste der Arbeitgeber innerhalb dieser Phase kein Präventionsverfahren einleiten. Auch ein behindertengerechter Arbeitsplatz musste nicht angeboten werden, solange die Kündigung nicht wegen der Behinderung ausgesprochen wurde. Entscheidend war vielmehr, dass die Kündigung auf fachlichen Gründen beruhte und nicht auf der Schwerbehinderung des Mannes. Das BAG betonte zudem, dass eine gegenteilige frühere Entscheidung eines Landesarbeitsgerichts mit dieser Rechtslage nicht vereinbar war. Damit bestätigte das BAG, dass Kündigungen in der Probezeit auch bei schwerbehinderten Beschäftigten möglich waren, ohne dass zuvor ein besonderes Verfahren eingeleitet werden musste.

Hinweis: Ein Präventionsverfahren hätte durchgeführt werden müssen, wenn das Kündigungsschutzgesetz gegolten hätte. In der Probezeit bestand diese Pflicht hier nicht. 
 
 


Quelle: BAG, Urt. v. 03.04.2025 - 2 AZR 178/24
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)

Ungeeigneter Berufskraftfahrer: Keine Berücksichtigung von beruflichem Härtefall bei Erreichen von acht Punkten

Das Beste, was für eine verlässliche Zukunft mit Führerschein spricht, ist eine weiße Weste in Sachen Punktekonto. Doch schnell kommt diesem Vorsatz das echte Leben dazwischen, das man praktisch leider selten so gut bewältigt wie in der Theorie. Besonders Berufskraftfahrer sollten daher immer genau wissen, wann besser Schluss ist mit den Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr - denn das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) zeigt: Bei acht Punkten ist "die Pappe" weg.

Das Beste, was für eine verlässliche Zukunft mit Führerschein spricht, ist eine weiße Weste in Sachen Punktekonto. Doch schnell kommt diesem Vorsatz das echte Leben dazwischen, das man praktisch leider selten so gut bewältigt wie in der Theorie. Besonders Berufskraftfahrer sollten daher immer genau wissen, wann besser Schluss ist mit den Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr - denn das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) zeigt: Bei acht Punkten ist "die Pappe" weg.

Einem Berufskraftfahrer wurde die Fahrerlaubnis entzogen, da er im Fahreignungsregister acht Punkte angesammelt hatte. Daher legte er Einspruch ein und beantragte, die sogenannte aufschiebende Wirkung wiederherzustellen - also bis zur Entscheidung in der Hauptsache seine Fahrerlaubnis behalten zu können. Er argumentierte zum einen, dass die behördlichen Maßnahmen der Ermahnung und Verwarnung nicht ordnungsgemäß durchlaufen worden seien, weshalb er auf sieben Punkte zurückgesetzt werden müsse. Zudem stelle die Fahrerlaubnisentziehung für ihn als Berufskraftfahrer eine unangemessene Härte dar, da er als Alleinverdiener in eine existentielle Notlage geraten würde und die Einziehung faktisch ein Berufsverbot darstelle. Zu guter Letzt gab er an, bestimmte Fahrten zur lebenswichtigen Versorgung seiner Frau machen zu müssen, die nur von ihm vorgenommen werden könnten.

Das OVG wies den Antrag des Mannes jedoch zurück. Denn zum einen sei aus der Akte ersichtlich, dass die Maßnahmen der Behörde ordnungsgemäß durchgeführt worden waren. Alles andere hätte dem Betroffenen auch bei einer Sichtung der Akte auffallen müssen. Zum anderen könne nicht damit argumentiert werden, bei einem Berufskraftfahrer sei bei derartigen Fällen eine unzumutbare Härte gegeben. Und schließlich war von ihm auch nicht nachvollziehbar dargelegt worden, wieso eine Existenzgefährdung vorliegen könnte und bestimmte Fahrten der lebenswichtigen Versorgung seiner Frau dienen und nur von ihm vorgenommen werden können. Die mit der Fahrerlaubnisentziehung verbundenen Auswirkungen auf seine Möglichkeiten der Berufsausübung muss er im Interesse der Verkehrssicherheit und zum Schutz von Leib und Leben sowie Eigentum Dritter hinnehmen.

Hinweis: Die zwingende Entziehung der Fahrerlaubnis bei Erreichen von acht Punkten im Fahreignungsregister stellt keinen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dar. Bei diesem Punktestand geht der Gesetzgeber davon aus, dass Kraftfahrer eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellen, und knüpft daran eine Ungeeignetheitsvermutung, die grundsätzlich nicht widerlegt werden kann.


Quelle: OVG Münster, Beschl. v. 23.07.2025 - 16 B 425/25
zum Thema: Verkehrsrecht

(aus: Ausgabe 10/2025)